Japan, 1969
Regio: Hideo Gosha
In den letzen Momenten des Tokugawa-Shogunats wimmelt es von korrupten Herschern und Bossen, die aus der chaotischen Situation Profit schlagen und ihre Stellung verbessern wollen. In dieser kurzen Ära des Aufruhrs fasst der völlig abgebrannte Ronin Izo Okada neuen Mut, als Hanpeita Takechi, Anführer des Tosa-Clans, ihm eine Stellung anbietet, um von seinen enormen Fähigkeiten zu profitieren und ihn als gnadenlosen Auftragsmörder auf seine Widersacher anzusetzen. In seinem blinden Streben nach Ruhm, Geld und Beachtung bemerkt Okada erst viel zu spät, dass er längst zur willenlosen Marionette Takechis geworden ist und dieser schon lange Pläne gefasst hat, ihn nach getaner Arbeit zu beseitigen…
Es ist schon spaßig anzusehen, wie Hideo Gosha in diesem Film ein ganzes Genre gegen den Strich bürstet, denn “Hitokiri” ist alles andere als typische Chanbara-Stangenware. Da wäre erstmal sein Antiheld, gespielt von Zatoichi-Darsteller Shintaro Katsu. Keine Fugur die ins ach so ehrenhafte Samuraiklischee passt. Er ist nicht gerade der Hellste seiner Zunft, ist Geld- und Karrieregeil, säuft wie ein Loch und auch den lokalen Nutten ist er nicht abgeneigt. Aber im Grunde will er ja doch nur von seinen Mitmenschen beachtet und verehrt werden, ein wenig vom schillernden Starruhm abbekommen. Und wenn er sich dann endlich darin suhlen kann, ist er zu verblendet zu bemerken, wie er sich langsam sein eigenes Grab schaufelt. Shintaro Katsu vollbringt die beachtenswerte Leistung, seinen Charakter unglaublich blöd und tollpatschig aussehen zu lassen, und dabei trotzdem die Sympathien der Zuschauer auf seine Seite zu ziehen, weil er doch aus einer zutiefst Menschlichen und irgendwie auch liebenswerten Naivität heraus handelt.
Das funktioniert unter anderem auch so gut, weil sein Gegenspieler, grandios von Tatsuya Nakadai, einem weiteren Genrehelden, gespielt, als der perfekte Gegensatz zu ihm angelegt ist. Okada Izo ein ist dummer, lauter und naiver Proll mit einem Herz aus Gold. Takechi dagegen weiß das zu nutzen und zieht eiskalt alle Register um seinen Schützling zu manipulieren. Er gibt sich ihm gegenüber gönnerhaft und locker, hat ihn in wirklichkeit aber so knallhart und fest im Griff, dass dieser es gar nicht merkt, bevor alles zu spät ist.
Dann fallen noch die Actionszenen besonders ins Auge, denn hier gibt es wiederum keine durchchoreographierten Schwerttänze wie man es üblicherweise erwarten könnte. Stattdessen unfaire und feige Manöver, ängstliche Gesichter, hilfloses Rumgefuchtel mit der Waffe und mittendrin ein total übermütiger Volltrottel, der ständig seinen Namen schreit. Heldenhaft geht anders. Dabei hat das ganze aber auch schon gar nichts mehr mit Kurosawa-artigem Realismus zu tun. Goshas Schwertkampfszenen sind genau so grotesk überzeichnet wie die seiner meisten Kollegen, nur halt ins gegensätzliche Extrem verkehrt. Und am Ende ergibt das ganze einen durch und durch ironischen und makaberen Genrevertreter, stylish bis zum Anschlag, durchsetzt mit rabenschwarzem Humor und getragen von einer schlauen Storyline und überzeugenden Darstellern. Oder ganz einfach ausgedrückt: einer der rundesten Samuraistreifen, die mir in letzter Zeit so untergekommen sind.
Wertung: 9/10
Einen Kommentar schreiben